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2024

2024

Netzwerkwochenende in Bad Neuenahr-Ahrweiler

#WeAHRopen!

Gruppenfoto am Lenné Schlösschen

Ein Netzwerkwochenende an der Ahr. Für viele Vinissima war das ein emotionales Ziel – weckt es doch Erinnerungen an die verheerende Flutkatastrophe im Juli 2021. Fast jede Vinissima kennt Betroffene oder war selbst vor Ort, um Hilfe zu leisten. Doch die Zeiten der ersten Hilfe sind vorbei, auch die des Katastrophentourismus. Stattdessen wirbt die Region mit „WeAHRopen!“ dafür, dass die Menschen zurückkehren in das kleine Weinanbaugebiet.

Und so stand für die Organisatorinnen von Vinissima früh fest: Wir wollen an die Ahr – zum Austausch, aber natürlich auch, um die Region zu unterstützen. Über 100 Frauen aus ganz Deutschland sind dieser Einladung Ende Februar gefolgt. „Ich finde es toll, dass sich so viele Vinissima auf den Weg gemacht haben. Es gibt bei uns noch viel zu tun, aber für uns ist es wichtig, dass die Menschen wiederkommen.“ Das sagt Stefanie Koll-Bensberg, Vinissima und 1. Vorsitzende der Ahrweiler Weinwochen.

Darum, dass vieles noch nicht fertig ist, ging es auch im ersten Programmpunkt des Wochenendes. Bei der Stadtführung am Freitag „Ahrweiler im Wiederaufbau“ ging es nicht nur um die schönen Ecke des Ortes, sondern auch um diejenigen, wo die Folgen der Katastrophe noch gut sichtbar sind.

Eindrücke, die auch abends noch Thema waren, als die Vinissima in der „Kleinen Bühne“ im Kurpark von Bad Neuenahr-Ahrweiler zusammenkamen. Motto des Abends: „Vino on slate - Zwei Regionen, eine Leidenschaft“ – denn der Abend wurde nicht nur von Vinissima von der Ahr, sondern auch von der Mosel ausgerichtet, die jeweils Weine aus ihrer Region mitbrachten.

 

#3unter30

Am Samstag startete der Netzwerktag im zauberhaften Lenné Schlösschen wie gewohnt mit „3 unter 30“. In dem Format präsentieren drei Hochschulabsolventinnen die Themen ihrer Abschlussarbeiten. Katja Simon von der Hochschule Geisenheim University hat untersucht, wie gut sich ein bestehendes Drainagesystem als Freilandlysimeter eignet. Bei ihrer Untersuchung hat sie eine Eignung erkannt, sieht aber noch mehr Forschungsbedarf.

Svenja Oehler vom Weincampus Neustadt untersuchte in ihrer Abschlussarbeit das Anwuchsverhalten von Weinreben in einer Neuanlage und verglich dabei das Einpflanzen durch einen Spaten, eine Wasserlanze und eine Pflanzmaschine – letztere schnitt dabei am besten ab. Tavory Ty von der Hochschule Heilbronn hat untersucht, welche Potentiale das „Mobile Marketing“ für den Weinhandel birgt. Ihre Forschungsergebnisse sahen darin einen Nutzen – nur nicht als ganzheitliche Strategie.

 

Achtsamkeit und Resonanz

Genauso kognitiv wie emotional sprach Simone Böhm – Vinissima, Weinküferin und Coach – die Frauen an. Thema ihres Workshops zur Achtsamkeit: „Resonanz – resilient, gestärkt und bewusst im (Berufs-)Leben.“ Simone fokussierte den Blick darauf, was viele Frauen meistens tun: funktionieren. Durchgetaktet, strukturiert und verlässlich. Bei all dem besser auf die innere Stimme zu hören, war einer ihrer Impulse: „Achtsamkeit ist eine Liebesbeziehung mit dem Leben.“

Deshalb ermutigte sie die Frauen, auf ihrem Lebensweg mehr auf die eigenen Gefühle zu hören. Dabei sollte man immer im Blick haben: Was motiviert mich, womit geht es mir gut? In ihrem Coaching arbeitet Simone viel mit der Natur: „Natur ist der einzige Ort, der nichts von uns will. Ihr ist es egal, ob wir fröhlich oder zornig sind.“ Und so lud sie die Vinissima ein, mit ihr nach draußen zu gehen – und dort die Natur und sich selbst zu spüren und in Resonanz mit sich, aber auch mit der Umgebung zu sein.

 

Klimapositive Weine

Theoretischer, aber nicht weniger relevant, ging es danach weiter – Ron Richter von den Klimafarmern sprach über „Pflanzenkohle im Weinbau für lebendige und humusreiche Böden“. Ron zeigte die Vorteile von Pflanzenkohle auf: Sie speichert CO2 im Boden und sorgt damit für negative Emissionen. So können klimapositive Weine entstehen.

Gleichzeitig hält die Kohle Wasser im Boden und sorgt so für eine bessere Versorgung der Pflanzen in Trockenperioden. Und er zeigte, warum das Thema gleich in mehrfacher Hinsicht relevant ist für den Weinbau: „Wir brauchen kein Holz für Pflanzenkohle“, erklärte er, „das geht auch mit Hühnermist, Traubentrester – es geht darum, dass die Kohle mit Nährstoffen beladen ist. Phosphor ist wichtig.“ So war dann auch eine von Rons wichtigsten Botschaften: „Wenn ich Humus aufbaue ist es ein aktiver Klimaschutz.“ Nach Rons Vortrag entstand eine lebhafte Diskussion, der sich der Experte wunderbar stellen konnte.

 

Reger Austausch zur Biodynamie

Weiter ging es mit einer Verkostung, die in diesem Jahr durch und durch biodynamisch war: „100 Jahre Rudolf Steiner“. Dafür kam Vinissima-Mitglied, Master of Wine und eine leidenschaftliche Vertreterin der Biodynamie: Romana Echensperger. Und sie machte in ihrem kurzweiligen Vortrag deutlich: Wenn es um Biodynamie geht, ist die interessante Frage eben nicht was es mit den Kuhhörnern oder mit den Mondphasen auf sich hat. Spannend ist es zu betrachten, was gestandene Winzerinnen und Winzer an über 100 Jahre alten, vermeintlich esoterischen Ideen finden und warum viele dieser Weine einfach grandios schmecken.

Kenntnisreich und mit viel Humor zeigte sie auf, wie sich die Biodynamie vor einem Jahrhundert im Kontext der landwirtschaftlichen Prozesse entwickelte. „Man weiß vom Boden immer noch relativ wenig. Aber darin stecken Millionen von Lebewesen, die miteinander interagieren. Das zu erforschen ist absolut komplex.“ Wohlwissend, dass sie ein kontroverses Thema gewählt hatte, entschied sich die Master of Wine auch noch für drei kantige Weine, die für viel Diskussion zwischen den Weinfrauen sorgten. Aber alle waren sich einig: Genau für diese Debatten lohnt es sich, gemeinsam Wein zu verkosten.

 

Diskussionsrunde: Klimaweinbau

Zum Ende des Netzwerktages kamen noch einmal drei Frauen von der Ahr auf die Bühne: „Klimaweinbau – Was nehmen wir mit für die Zukunft?“ war das Thema der Gesprächsrunde. Gemeinsam diskutierten Britta Stodden (Jean Stodden – Das Rotweingut), Tanja Lingen (Weingut Peter Lingen) und Astrid Rickert (Winzergenossenschaft Mayschoß-Altenahr e.G.) – mit Vinissima Susanne Salz- geber (Moderation) aus Berlin.

Zunächst ging es um die Lehren aus 2021. Dann aber auch um die Fragen, wie Winzerinnen und Winzer auf den Klimawandel reagieren können (z.B. Bewässerung) – und natürlich auch, wie die eigene Arbeit nachhaltiger werden kann – beispielsweise mit PIWI-Reben. Wobei sich die Weinfachfrauen einig waren: Früh- und Spätburgunder werden weiterhin wichtiger Rebsorten an der Ahr bleiben.

 

Verkostungen und Tanz bis in die Nacht

Auf den inspirierenden wie facettenreichen Netzwerktag ging es am Abend entspannter weiter: Bei der „Bring your own Bottle“-Party wurden im intensiven Austausch Weine verkostet und bis tief in die Nacht getanzt.

Trotzdem waren die Vinissima am nächsten Tag fit für die Mitgliederversammlung, die freundlicherweise kostenfrei in den Räumen des Calvarienberg Gymnasiums in Ahrweiler stattfinden durften. Während der Versammlung wurden die Frauen von Schülerinnen und Schülern bestens verpflegt.

 

Neuer Vorstand gewählt

Bei der Versammlung standen nicht nur vereinsinterne Themen auf dem Programm, sondern auch Neuwahlen des Vorstands. Dabei wurde Trixi Bannert zur ersten Vorsitzenden gewählt – erstmals nimmt damit eine Vinsissima aus NRW diesen Posten ein: „Das freut mich natürlich – denn auch wenn wir nicht so viele Weinberge habe, ist NRW doch ein Weinland mit vielen kompetenten Weinfachfrauen“, sagte die Weinhändlerin aus Münster. Aber natürlich schlägt ihr Herz für Weinfachfrauen aus der ganzen Republik: „Ich freue mich sehr, für die tollen und professionellen Vinsissima Vorsitzende sein zu dürfen“, sagte Trixi nach der Wahl.

Winzerin Mara Walz vom Weingut Walz ist zur Stellvertreterin von Trixi gewählt worden. Mara kommt aus Württemberg und gehört bereits seit zwei Jahren dem Vorstand an, dabei hat sie sich besonders der Weinbaupolitik verschrieben. Hier müssen Frauen und ihre Anliegen präsenter sein, sagt sie.

Die beiden folgen auf Stefanie Herbst als ehemalige 1. Vorsitzende und auf Corinna Sauerburger als ihre Stellvertreterin. Beide Frauen möchten sich nach vier Jahren Vorstandsarbeit bei Vinissima wieder mehr ihren beruflichen Herausforderungen stellen und sind deshalb nicht wieder zur Wahl angetreten. Für ihre Arbeit erhielten die beiden standing ovation von den Vinissima-Mitgliedern.

Veränderung gab es auch auf dem Posten der Schriftführerin. Auf Winzerin Julia Weckbecker von der Mosel folgt Linnéa Hauenstein. Sie arbeitet für das Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL Frick und berät und forscht dort im Bereich Weinbau.

 

Positives Fazit

Die Position der Schatzmeisterin bleibt unverändert – Birgit Oesterle wird weiterhin die Finanzen des Vereins im Blick haben. Oesterle kommt aus Württemberg ist Fi- nanzwirtin und außerdem ausgebildete Winzerin, Weinerlebnisführerin und ist Do- zentin zum Thema Wein bei der VHS.

Als Beirätinnen bestätigt wurden Gina Gehring (Weingut Gehring) und Eva Müller (Weingut Müller). Beide sind Technikerinnen für Weinbau und Oenologie und kommen aus Rheinhessen. Die beiden werden nun ergänzt von Christine Berthold aus dem niedersächsischen Worpswede. Sie hat langjährige Erfahrung in der Weinbranche und betreut als Beraterin und Agentur insbesondere internationale Weingüter und Weinverbände im Bereich Marketing.

Nach drei ereignissenreichen Tagen zog Corinna Sauerburger ein durch und durch positives Fazit: „Wir haben damit geplant und auch damit gerechnet, dass noch nicht alles rund läuft. Dass wir am Ende ein so großartiges Netzwerkwochenende an der Ahr verbringen konnten, war einfach ein Geschenk.“ Und es ist das klare Signal an die Welt: Kommt an die Ahr!

 

Text: Christiane Meister-Mathieu

fotocredit by Vinissima

 

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