Mehr als Trend: Alkoholfreie Wein und Sekt-Alternativen

Im März lud die Vinissima-Regionalgruppe Berlin-Brandenburg im Rahmen zu einem besonderen Workshop ein: „Mehr als ein Trend: alkoholfreie Wein- und Sektalternativen”. Gerade für Gastronomie und Handel sind die Alternativen aus dem Portfolio nicht mehr wegzudenken. Es wurde also Zeit, sich einen Überblick über die Entwicklung, die aktuellen Qualitäten und Stilrichtungen zu verschaffen. Die Herstellung von sogenannten Proxys (nicht entalkoholisierte Getränke) gibt es zwar schon länger, doch erst jetzt entwickelt sich diese Kategorie stärker und zeigt großes Potenzial.
Als Gastredner war Holger Schwarz geladen, der früher bei Viniculture in Berlin tätig war und heute ausschließlich alkoholfrei arbeitet. Er bestätigte den Trend zu alkoholfreien Alternativen, der auf sich verändernde gesundheitliche, kulturelle und geschmackliche Aspekte in der Gesellschaft zurückzuführen ist. Er selbst habe schon sehr früh alkoholfreie Produkte im Weinhandel angeboten. In der Gruppe bestand jedoch Konsens, dass vielen alkoholfreien Weinen und Sekten oft die sensorische Überzeugungskraft fehlt. Die Vergleichbarkeit mit dem „Original“ wurde als Problem erkannt. Der Einwand „auch beim alkoholfreien Bier hat es lange gedauert“ gilt wohl auch für die Entalkoholisierung von Wein. Grundvoraussetzung ist die hervorragende Qualität des Grundweins, der dann entalkoholisiert wird – ein Prozess, der stark in den Charakter des Weins eingreift. Ein übermäßiger Einsatz von Zucker als Geschmacksträger und Füllstoff ist nicht erwünscht.
Die Herangehensweise bei der Herstellung von Proxys ist ganz anders. „Statt eines Winzers ist der Hersteller eher ein Küchenmeister“, der mit zahlreichen verschiedenen Zutaten arbeitet, so Holger Schwarz. Diese reichen von Kräutern und Tees über Sud bis hin zu speziellen Hefekulturen, Gemüse oder Obst. Als weitere alkoholfreie Alternative werden derzeit unter anderem Saft, Kombucha, Wasserkefir und der altbekannte Brottrunk angeboten – oftmals in prickelnder Form. Verkostet wurden von den Vinissima bereits etablierte Getränke wie „Von Wiesen“ (Brombeerblatt & Apfel) und „Muri“ (Passing Clouds), aber auch neue, ausgefallene Kreationen wie „Feral“ (No2 Orange aus Italien – vergorener Saft aus weißer oder roter Bete) und das tiefrote Getränk des Weinguts Domaine des Grotte (L'Antidote aus Frankreich – eine Cuvée aus u. a. Gamay-Traubensaft und Gewürzen).
Vor allem wurde deutlich, wie gut sich diese Alternative als Foodpairing eignet, da sie teilweise die gleichen Strukturen und Aromen wie die Menüs aufgreift. Dennoch ist der derzeitige Marktanteil gering, jedoch mit steigender Tendenz. Die Produktion ist laut Holger Schwarz noch nicht „industrialisiert“, was Kosten spart, größere Mengen ermöglicht und somit effektiver ist. Auch die einheitliche Beschreibung sowie die Angabe von Inhaltsstoffen und Allergenen (wie Gluten) befinden sich noch in der Entwicklung.
Wir bedanken uns bei Vinissima Hilke Große-Darrelmann für ihre Gastfreundschaft und die Gelegenheit, den Weinladen „Wein am Mexikoplatz” kennenzulernen. Und für die tollen Leckereien, die hervorragend zum Food-Pairing passten, wie die Rote-Bete-Creme. Vielen Dank auch an Holger Schwarz, der nicht nur intensive Einblicke in diese Kategorie gab, sondern auch zu einem offenen Diskurs über das Thema Alkohol in der Weinbranche anregte. Die Proxy-Branche ist kreativ und experimentierfreudig. Man darf gespannt sein, welche Neuheiten auf den Markt kommen werden. Fazit des Abends: Es handelt sich um eigenständige Getränke, die Wein nicht ersetzen, sondern das Getränkeangebot in Zukunft ergänzen werden.
Text: Nicole Wolbers
Fotos: Nicole Wolbers